Elon Musk und Michael Saylor haben mit einigen Minern Nordamerikas beschlossen, einen „Bitcoin Mining Rat“ zu gründen. Dieser soll Transparenz schaffen, welcher Strom fürs Mining verbraucht wird, und dabei helfen, das Mining grüner, also erneuerbarer und CO2-neutraler zu machen.
Die Idee hinter dem nun initiierten „Bitcoin Mining Rat“ ist einfach: Bitcoin verbraucht sehr viel Strom. Wichtiger als die Menge ist aber die Art des Stroms und die damit verbundenen CO2-Emissionen. Mining mit Kohlekraft schadet dem Klima, Mining mit Solar- oder Wasserkraft ist neutral.
Einige Miner setzen bereits auf erneuerbare Energien. Den größten Teil interessiert jedoch vor allem, was auf der Stromrechnung steht: CO2-frei ist gut, aber günstig ist im Zweifel besser. Solange grüne Energien nicht durchweg weniger kosten als konventionelle, wird Mining (auch) schmutzig bleiben.
Wie löst man dieses Problem? Man könnte auf der einen Seite nach der Politik rufen: Sie soll bitte dafür sorgen, das CO2-freier Strom immer günstiger ist als etwa Kohlekraft, und wenn das nicht gelingt, kann sie auch das Mining regulatorisch verpflichten, grüne Energien zu benutzen.
Die Alternative zum Staatseingriff ist die privatwirtschaftliche Initiative. Und genau diese versuchen nun der Tesla-Chef Elon Musk und der MicroStrategy-Boss Michael Saylor zu verwirklichen. Die beiden sind die derzeit öffentlich am deutlichsten sichtbaren Bitcoin-Großinvestoren, weshalb ihre Wünsche schon allein wegen der prallgefüllten Wallets Gewicht haben.
Musk hat schon zuvor beklagt, dass der CO2-Ausstoß, den das Mining verursache – vor allem wenn der Strom durch Kohlekraft entsteht – nicht hinnehmbar sei, weshalb Tesla vorerst keine Bitcoins mehr für Elektroautos akzeptiert. Anders als viele, die bei der Klage stehenbleiben, versucht er jedoch, etwas zu ändern.
„Ich sprach mit nordamerikanischen Bitcoin-Minern,“ tweetet der Tesla-Chef, „und sie haben sich dazu bekannt, die gegenwärtige und geplante Nutzung erneuerbarer Energien offenzulegen und Miner weltweit zu bitten, dasselbe zu tun. Potenziell vielversprechend.“
Geholfen hat ihm dabei MicroStrategy-CEO Michael Saylor. Vermutlich geht es diesem weniger ums Klima – er hat etwas zuvor erklärt, dass er im Mining dahingehend kein Problem sieht – sondern um den Wert seines Investments: Der hohe Stromverbrauch, der potenziell durch Kohlekraft befriedigt wird, schadet dem Ansehen von Bitcoin, und damit der Akzeptanz und letzten Endes auch dem Kurs.
Saylor erklärt also, er habe die Ehre gehabt, „Gastgeber des Treffens von Elon Musk und den führenden Bitcoin-Minern Nordamerikas gewesen zu sein“. Die Miner haben zugestimmt, „den ‚Bitcoin Mining Rat‘ zu bilden“, der die Transparenz der fürs Mining genutzten Energiequellen befördern und „nachhaltige Initiativen weltweit beschleunigen“ soll.
Am Treffen haben die folgenden Miner teilgenommen: Argo, Blockcap, Core Scientific, Galaxy Digital, Hive Blockchain Technologies, Hut 8 Mining, Marathon Digital Holdings und Riot Blockchain. Diese bilden in der Tat eine Auswahl der führenden nordamerikanischen Gesellschaften für Investment und Mining. Sie beschlossen, berichtet Saylor, „eine Organisation zu gründen, um Energieberichte zu standardisieren, die ESG Ziele zu verfolgen und den Markt aufzuklären.“
ESG bedeutet Environment Social Governance und meint, dass Unternehmensführer Verantwortung für soziale und ökologische Belange übernehmen. Es wird schon lange Zeit, dass ESG im Mining ankommt und dass Investoren danach rufen. Offenbar war aber erst das massive Public Shaming der letzten Wochen notwendig, damit dies geschieht. Nun wollen die Miner in einem ersten Schritt also die Transparenz schaffen, die notwendig ist, um überhaupt erst zu erkennen, welchen Einfluss das Mining auf CO2-Emissionen hat.
Aber wie wirkungsvoll kann ein solches Abkommen sein? Ist es lediglich Greenwashing – oder bezweckt es wirklich etwas? Und wie reagiert die breitere Bitcoin-Szene darauf?
Zunächst gibt es Zweifel an der Wirksamkeit. Nicht grundsätzlich an Abkommen, sondern an diesem im konkreten. Marshall Long, Early Adopter und langjähriger Miner, meint, Saylor und Musk hätten mit den falschen Leuten gesprochen. Es seien zwar gute Unternehmen, aber sie kontrollierten nur „einen sehr sehr kleine Anteil der Hashrate.“ Musk hätte besser mit der Texas Blockchain Association gesprochen, die 15 Prozent der globalen Hashrate stelle. „Big Mike“ – damit meint er Saylor – habe mit der Aktion „den Respekt einer Mehrheit der nordamerikanischen Hashpower“ verloren.
Selbstverständlich ist es schwierig, zu präzisieren, welche Partei wie viel Prozent der Hashrate kontrolliert. Hat Marshall Long recht? Oder gibt er nur vor, mehr zu wissen? Ist er gar gekränkt, nicht eingeladen worden zu sein? Als langjähriger Miner dürfte er im Zweifel mehr wissen als Saylor und Musk, die erst 2020 ihre Passion für Bitcoin entdeckt haben. Ohne Zweifel dürfte er recht damit haben, dass der frisch gegründete Rat nur einen Ausschnitt der US-Mining-Industrie verkörpert. Er allein wird, erklärt Long, nichts verändern.
Fairerweise muss man aber auch anerkennen, dass der Mining Rat ausdrücklich vorhat, nicht nur im eigenen Haus, sondern branchen- und weltweit für mehr Transparenz und erneuerbare Energien zu lobbyieren. Die Rückendeckung durch Investoren dürfte ihm helfen, Druck aufzubauen.
Gleichwohl kann man fragen, ob das Bündnis doch nur symbolische Augenwischerei ist, die weniger auf den Klimawandel als auf den Bitcoin-Preis abzielt. „Miner, die 10 Prozent der Hashrate ausmachen, vereinbaren, Informationen zu veröffentlichen, die sie sowieso schon veröffentlichen,“ übersetzt der sich mit dem Thema beschäftigende Krypto-Influencer Nic Carter das Abkommen nur leicht zugespitzt. Core Scientific beispielsweise lege schon lange die Quellen des fürs Mining verbrauchten Stroms offen und wirbt damit, zu 100 Prozent CO2-neutral zu arbeiten. Dennoch sei die Vereinbarung, so Carter, „offensichtlich“ eine gute Idee.
Im Grunde stimmt dem jeder zu. Dennoch regt sich in der Szene Kritik am Abkommen. Zum einen wegen der Person dahinter, dem umstrittenenen Elon Musk, und zum anderen wegen der Art und Weise des Zustandekommens: „Treffen hinter geschlossenen Türen führen in Bitcoins Geschichte selten zu gelungenen Ergebnissen“ twittert etwa der Account „Documenting Bitcoin“. Auch andere einflussreiche Bitcoiner, etwa Mir Liponi aus Mailand oder Core-Entwickler Eric Lombrozo, finden, dass Hinterzimmerabkommen einen schlechten Geruch hinterlassen.
Trotz allem erfährt das Ziel, so viel Hashpower wie möglich durch erneuerbare Energien zu erzeugen, in der grundsätzlich heterogenen Bitcoin-Szene viel Zuspruch. Ob es dabei um echte Sorge fürs Klima geht oder eher um die Sorge fürs Portfolio ist an sich nicht wichtig. Die Anreize, Kohle aus Bitcoin zu entfernen, sind da, und sie beginnen nun, zu wirken.