• Sa. Jun 10th, 2023

Kryptokoll

Kryptowährungen Am Besten Erklärt 2021

Neues EU-Gesetz: Sind anonyme Krypto-Transaktionen nun verboten?

Apr 27, 2023

Was kann schon schiefgehen? Mit der richtigen Regulierung kann die Bitcoin-Branche in er EU abheben.

Das Europäische Parlament verabschiedet das Gesetz zum Transfer of Funds. Damit bekommt die EU eines der weltweit strengsten Regelwerke zu Krypto-Transaktionen. Sind damit aber anonyme Transaktionen wirklich verboten, wie die Piratenpartei kritisiert?

Vergangene Woche hat das Europäische Parlament dem Transfer of Funds Gesetz zugestimmt. Dem Beschluss gingen mehrjährige Entwürfe, Abstimmungen, Verhandlungen und Nachbesserungen voraus.

Das neue Gesetz setzt die Richtlinien der Financial Action Task Force (FATF) für Krypto-Transaktionen um, insbesondere die Travel Rule. Es wurde parallel zu MiCa beschlossen, einer umfangreichen Regulierung des Krypto-Marktes in der EU, die auch von vielen Marktakteuren begrüßt wird.

Stefan Berger, Mitautor der Verordnung und bekannt für eine relativ kryptofreundliche Perspektive, jubelt – es sei ein Meilenstein für die ganze Krypto-Branche.

Anders sieht es sein Kollege von der Piratenpartei, Patrick Breyer. Die Verordnung verbiete, beklagt er, “anonyme Zahlungen und Spenden in digitalen Währungen total und ab dem ersten Euro.” Damit höhle es das Recht des EU-Bürgers auf finanzielle Privatsphäre aus.

Auf Twitter erklärt RINO Wallet, eine Wallet für Monero, dass nun CoinJoin und andere Mixer verboten seien.

Ist dem so? Oder wird hier aus politischen Gründen etwas zu leichtfüßig interpretiert?

Wer legt die Travel Rule am strengsten aus?

In einer Pressemitteilung erklärte das Parlament im Juni vergangenen Jahres, dass die Verordnung sicherstelle “dass Krypto-Transfers immer nachverfolgt werden und verdächtige Transaktionen blockiert werden können.”

Das Gesetz legt die Travel-Rule (Reiseregel) der Financial Action Taskforce (FATF) auf Krypto-Transaktionen um: Jede elektronische Transaktion soll von Informationen über Sender und Empfänger begleitet werden, wenn sie von diesem zu jenem “reist”. Verantwortlich für die Umsetzung sind die sogenannten VASPs, die “Virtual Asset Service Provider”, welche im Slang der EU zu CASPs werden, “Crypto Asset Service Provider”.

Über die Schwierigkeiten der Umsetzung der Travel Rule, sowie die Konsequenzen für die private Schlüsselverwahrung, haben wir schon oft geschrieben.

Das Europäische Parlament rühmt sich nun des Verdienstes, die weltweit vermutlich strengste Interpretation der Travel Rule durchgesetzt zu haben. Da “Transaktionen mit Krypto Assets einfach bestehende Schwellen umgehen können”, haben die Verhandlungsführer des Parlaments dafür gesorgt, dass es keine Schwellenwerte mehr gibt, wie sie im ursprünglichen Gesetzesentwurf der Kommission vorgeschlagen wurden, sondern die Travel-Rule ab dem ersten Cent greift.

Immerhin sollen persönliche Daten wie Name oder physische Adresse auf Wunsch nicht gesendet werden, wenn es keine Garantie gibt, dass der Empfänger die Privatsphäre wahren kann. Dies könnte ein Ansatz sein, um sich gegen die Verordnung zu wehren und ihre effektive Einführung hinaus zu zögern.

Wenn ein CASP nun im Auftrag seiner Kunden Kryptowerte erhält, hat er sicherzustellen, dass die eingehenden Werte weder mit Geldwäsche oder Terrorfinanzierung in Verbindung stehen noch Sanktionen verletzen. Laut einer genaueren Erklärung des Parlaments müssen die Dienstleister Maßnahmen ergreifen, um verdächtige Transfers zu erkennen, “genauer gesagt, jede Verbindung mit illegalen Aktivitäten, darunter Betrug, Erpressung, Ransomware oder Darknet-Marktplätzen,” oder – und nun wird es heikel – “ob die Krypto-Assets durch Mixer oder Tumbler oder andere Anonymisierungsverfahren gegangen sind.” Dies sei besonders wichtig, “wenn man mit Transfers zu tun hat, die von unhosted Wallets ausgehen oder von Dienstleistern außerhalb der EU.”

CASPs, die diesen Regeln nicht folgen, innerhalb aber wohl vor allem außerhalb der EU, werden in einem Register der Europäischen Banken Aufsicht (EBA) gelistet. Sie gelten als illegale oder Hochrisikoplattformen, und Dienstleistern in der EU ist es verboten, mit ihnen Handel treiben.

Kompliziert wird es, wenn “unhosted Wallets”, also Wallets, bei denen der User die Schlüssel kontrolliert, im Spiel sind. Sobald ein Dienstleister mehr als 1.000 Euro von einer solchen Wallet empfängt oder an sie sendet, hat er zu verifizieren, ob die Wallet tatsächlich dem Kunden gehört, und ob sie in verdächtige Aktivitäten verwickelt ist, wie eben Mixer. Privacycoins wie Monero dürften angesichts dieser Regeln einen schweren Stand auf Börsen in der EU haben.

Private Transaktionen, von User zu User, selbst für den Handel von Bitcoins, sind von der Regel nicht betroffen.

Kein Verbot, aber doch ein Einschnitt

Fassen wir an der Stelle zusammen: Das Transfers-of-Funds-Gesetz verbietet keine anonymen Transaktionen. Sowohl Breyer als auch das Rino Wallet dramatisieren hier ein wenig.

Man bricht kein Gesetz, wenn man seine Bitcoins durch einen Mixer jagt. Man bricht auch kein Gesetz, wenn man sie danach bei einer Börse einzahlt und gegen Euro wechselt. Ärger könnte man dennoch bekommen, da die Anonymisierung vermutlich einen Verdachtshinweis konstituiert, dem die Börse nachgehen muss. Sie wird also genauer hinschauen, wird eventuell einfache oder schwierige Fragen stellen, die Coins vorübergehend einfrieren oder eine Meldung beim Zoll einreichen.

Der Pirat Patrick Breyer übertreibt zwar, wenn er meint, anonyme Zahlungen werden total verboten. Dennoch kann und wird die neue Regel den Umgang mit Kryptowährungen in der EU erheblich verändern.

Die Regel habe, so Breyer, keine “nennenswerten Auswirkungen auf die Kriminalität”. Die Polizei und Justiz ermittle schon heute erfolgreich mithilfe der Blockchain-Analyse. Betrachtet man die vielen, beinah wöchentlich vermeldeten Erfolge der Polizei gegen Cyberkriminelle, dürfte dies zutreffen. Nun aber werden, so Breyer, “gesetzestreue Bürger ihrer finanziellen Freiheit” beraubt und unter „Generalverdacht“ gestellt.

Das erklärte Ziel, Geldwäsche und Terrorismus zu bekämpfen, fährt der Pirat fort, sei “für Einige nur ein Vorwand”, um private Ausgaben besser zu kontrollieren und “dann schrittweise auch das Bargeld abzuschaffen.” Damit begibt sich der Politiker meiner Meinung nach ein Stück zu weit auf das rutschige Terrain der Verschwörungstheorien.

Etwas weniger raunend argumentiert sein tschechischer Kollege Mikulas Peksa, indem er feststellt, dass die nun beschlossene Regulierung “auf der falschen Prämisse beruht, Kryptowährungen wie Bankguthaben zu behandeln.” Tatsächlich macht nämlich der essenzielle Unterschied zwischen Banken und Bitcoin – die Option, die Schlüssel selbst zu verwahren – die Travel-Rule für alle Beteiligten zu einem fürchterlichen Kopfzerbrechen.

Peksa meint vielmehr, dass Kryptowährungen die “Rolle des digitalen Bargelds” erfüllen sollen. Denn “auch und gerade in einer digitalen Welt brauchen wir ein Medium für anonyme Transaktionen, um unsere Grundfreiheiten zu schützen, die unsere Privatsphäre und Freiheit erst ermöglichen.” Dem ist nichts hinzuzufügen.


Quelle: BitcoinBlog.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Bitte stimmen Sie unseren Datenschutzbedingungen zu.